Eine Buchreihe

Mehrere Autor:innen
Unterschiedliche Genres
Jede Menge Tauschgeschichten 

Idee von Sina Land

Ein
Tauschgegenstand

stellt das GAMBIO-Team vierzehntägig

auf unserem Instagram-Account zur Verfügung.


Wer Lust hat, kann gerne eine Tauschgeschichte schreiben.
Vorgaben:
Sie umfasst bis zu 200 Wörter und
es wird darin der vorgegebene Gegenstand getauscht.

Meistens gibt es noch eine Zusatzaufgabe.

Tauschgegenstand

Kerzenständer

Sie soll in einem Drabble (genau 100 Wörter) getauscht werden.

Fireflow

 

Nirgendwo gab es diese `Fireflow´ Raketenlavalampe, die sich Erwin gewünscht hatte. In jedem Laden nur Kopfschütteln. Lene war schon am Verzweifeln. 

Im allerletzten Beleuchtungsfachgeschäft bekam sie lediglich die Ansage: „Leider ausverkauft!“ Es blieb nur noch dieser letzte, schöne Kerzenständer, das wäre zumindest eine Alternative. 

Kurz vor der Kasse, tippte ihr ein Fremder auf die Schulter: „Entschuldigen Sie, sie suchen eine `Fireflow´? Zufällig hätte ich so eine daheim, originalverpackt. Mir gefällt die, aber meine Frau möchte lieber ein romantisches Licht.“ Lene schaute verständnislos. 

„Ich meine, wie wäre es, wenn sie diesen Kerzenständer kaufen und gleich darauf gegen meine `Fireflow´ tauschen würden?“ 

 Von Anja Ziegler (https://autorin-anja-ziegler.jimdosite.com/)

Tauschgegenstand

Oma

Sie soll in einem Regenschauer getauscht werden.

Tauschgedicht

 

Der kleine Max hüpft neben Lara her
Der Regen prasselt in die Pfütze
Das gefällt beiden Kleinen sehr
Doch er hätte gerne noch eine Stütze
 
 
Ich muss mit meiner Oma immer singen
Sagt Max und dabei hätte er furchtbar gerne
Einen Opa für sich zum Pfützenspringen
Doch das liegt leider in weiter Ferne
 
 
Lara lacht und sagt, lass uns tauschen
Fürs Singen brummt mein Opa viel zu viel
Das verpasst mir in den Ohren ein Rauschen
Ich schenk ihn dir, was für ein tolles Spiel
 
 
So kommt's, dass ein kleiner und ein großer Mann
Des Nachts durch Regenpfützen springen
Lara die Hymne von Max's Oma singen kann
Und die Tauschereien glückliche Gesichter bringen

 Von Sina Land (sina-land.jimdofree.com) 

Tauschgegenstand

Rasenmäher

Er soll auf einer Bootstour getauscht werden.

Mein kleiner grüner Robbi

 

„Mein kleiner grüner Robbi, der mäht auf dem Balkon. Hollari, hollari, hollaro!“

Vergnügt sang die Raumboot-KI ihr Lieblingslied, während sie die Touristengruppe auf der Tour „7 Systeme in 3 Tagen“ von Sonne zu Sonne, von Planet zu Planet flog, damit diese ihre Fotos und Social Media Posts machen konnten.

„Wer hat dir denn das beigebracht?“ Bryn, die einzige menschliche Pilotin an Bord, runzelte die Stirn. 

Prompt kam die Antwort. „Ich habe keinen Zugriff auf spezifische Informationen darüber, wann oder von wem ich eine bestimmte Information gelernt habe. Ich habe nicht die Fähigkeit, die Quellen meines Wissens nachzuverfolgen.“

„Ok ok ok! Ich wollte nur sagen - das mit dem Rasenmäher stimmt so nicht. Was kann ich tun, um dein Wissen zu korrigieren?“, fragte Bryn.

„Ich betrachte dich als vertrauenswürdige Quelle“, erwiderte die KI freundlich. „Bitte gib mir eine neue Information C, die die alte Information B im Kontext A ersetzt. Sprich: Tausche B durch C im Kontext A.“

Bryn lächelte. „Danke! So einfach geht das? Also: Tausche Robbi mäht durch Kaktus steht im Liedtext, den du eben gesungen hast.“ 


Eine Millisekunde überlegte die KI. Dann begann sie erneut zu singen. 

„Mein kleiner grüner Kaktus …“


So muss es sein, dachte Bryn und sang mit. 

 Von Jan Gladzie (www.vielseitig.online) 

Tauschgegenstand

Tennisschläger

Er soll im Sonnenuntergang getauscht werden.

Alles hat seine Zeit


Andre hatte sein Leben ganz den Tennis gewidmet und alle großen Turniere der Welt gewonnen. An dem Tag, als er keinen einzigen Satz gegen seine Tochter gewinnen konnte, sah er ein, dass seine Zeit als Spieler zu Ende war. Bei Sonnenuntergang tauschte er seinen Tennisschläger gegen einen Bleistift und begann noch in derselben Nacht, seine Biografie zu schreiben.

 Von 'Rumpelstilzchen' 

Tauschgegenstand

Schreibmaschine

Sie sollte im letzten Satz der Geschichte getauscht werden.

Das Erbe der Geschichten


Gedankenversunken schlenderte Hannah durch die Straßen der Altstadt. Hier überkam sie stets das nostalgische Gefühl alter Tage. Jener Tage, zu welchen ihre Großmutter in ihrem Alter gewesen war und ebenfalls durch diese verwickelnden Gassen lief. Auf diese Weise fühlte sich Hannah ihr näher, gar verbunden.
Sie kam an dem Antiquitätengeschäft vorbei und blieb unvermittelt stehen. Etwas forderte ihre Aufmerksamkeit: Eine alte Schreibmaschine. Sie kannte diese und würde sie unter Tausenden wiederkennen. Es war jene ihrer Großmutter. Auf dieser hatte sie ihre Geschichten geschrieben. Sie hatte das Schreiben geliebt, so wie nun ihre Enkeltochter.
Hannah betrat das Geschäft und lief auf die Schreibmaschine zu. Ihre Finger fuhren über die abgenutzten Tasten, und es war, als führte ihre Großmutter ihre Hand. Dabei erklang das verlockende Klappern der Tasten, das Hannah so gut kannte. Weshalb hatte ihre Mutter dieses, in Hannahs Augen, wertvolle Erbstück verkauft?
„Hast du Interesse daran?“, fragte der alte Antiquitätenhändler.
„Sie gehörte meiner Großmutter“, antwortete Hannah nachdenklich.
„Du bist die kleine Hannah von Eleanor?“, musterte der Mann sie.
„Sie kannten meine Großmutter?“
„Sehr gut sogar.“ Ein schmerzvoller Ausdruck trat in die Miene des Mannes. „Ich liebte ... ihre Geschichten.“ Etwas sagte Hannah, dass es nicht nur die Geschichten waren, die er dgeliebt hatte.
„Hast du auch Geschichten, die aufgeschrieben werden wollen?“, wollte er wissen.
„Viele“, antwortete Hannah mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Dann habe ich einen Vorschlag: Ich tausche diese Schreibmaschine gegen deine Geschichten.“

 Von Miriam Berger  (www.bookjourney.de)

Tauschgegenstand

Ravioli

und das Lied
"In the air tonight" von Phil Collins

Auf gute Nachbarschaft


„I can feel it coming in the air tonight, oh lord…“ Die Ravioli waren vorbereitet, der Tisch gedeckt. Zur Musik ihres Lieblingssängers tanzte Clara durch die Küche und fieberte erwartungsvoll dem Blinddate mit Tim entgegen. Sie trat ans Flaschenregal, um den sündhaft teuren Primitivo zu öffnen und… Oh nein! Hatte sie den Wein etwa im Supermarkt stehen lassen?
 Clara schaute auf die Uhr: Gleich sieben. Da blieb ihr wohl nur der Gang zum neuen Nachbar. „Hi, ich wohne gegenüber, haben Sie eine Flasche Wein für mich?“ Na, das würde bestimmt ein starker Auftritt werden.
 Schnell füllte sie eine Portion Ravioli in eine Schüssel. Wenn sie schon keinen guten ersten Eindruck hinterlassen würde, wollte sie wenigstens etwas zum Tausch anbieten.
Die Türklingel ertönte.
 „Komme gleich!“
 Wow, diese Stimme! Clara bekam eine Gänsehaut und musste schmunzeln. Das sollte sie Tim vielleicht lieber nicht erzählen – zumal die Stimme nicht zu viel versprochen hatte!
 „Hi, Clara, also, äh, ich habe Ravioli gemacht.“ Sie streckte ihrem attraktiven Nachbar die Schüssel entgegen. „Möchten Sie, also, mir ist leider der Rotwein ausgegangen. Hätten Sie vielleicht eine Flasche? Die hier sind für Sie.“ Mein Gott, wie peinlich.
 Mit einem Schmunzeln drehte er sich um und verschwand wortlos hinter einer Tür. Sie hörte Schränke klappern und – leise Trommelschläge…
Als er zurückkam, war die Flasche in seiner Hand bereits entkorkt. „Wollen Sie den wirklich alleine trinken oder trinken wir vielleicht lieber gemeinsam?“
 In diesem Moment erklangen im Hintergrund die ersten Akkorde von Phil Collins’ „In the air tonight“ und es traf Clara wie ein Blitz.
 Ihr Nachbar streckte die Hand aus. „Ich bin übrigens Tim“, sagte er lächelnd. 

 Von Anna Trenkwald  (www.annatrenkwald.de)

Tauschgegenstände

Gebiss und Zelt

Oma Hildes Gebiss

Gestern ging der Oma Hilde das Gebiss verloren

In der bunten Blumenwiese lag es neben dem Zelt

Hat dort bei ihren Enkeln sich seinen neuen Platz auserkoren

Das ist für es eine so ganz andere und neue Welt

 

Die Enkel hatten für ein neues Abenteuer die Wiese verlassen

Da fragten die dritten Zähnchen den Kumpel das Kinderzelt

Ich bekomme stehts nur Grünzeug und Marmelade zu beißen

Und sähe aber auch gern mal die große, weite Welt

 

Das Zelt stöhnte laut und sagte im Ton einer Meise

Ach, müsste ich nicht ständig durch die Wälder rauschen

Immer dieser Affenzirkus und das nervige Gereise

Ach, könnten wir nur unsere Rollen tauschen

 

Das Gebiss klappert ganz aufgeregt und singt

Was können wir tun, was müssen wir machen?

Ich frag mal Thomas, das größere Enkelkind

Es hat einen Zauberstab und magische Sachen

 

Schnell beeilen sie sich einen Spruch aufzusagen

Ein Kichern, dann wird ein kleines Feuerwerk entfacht

Statt das geräuschvolle Kinderschnarchen zu ertragen

Taucht das Zelt in ein sprudelndes Wasserbad und lacht

 

Das Gebiss ist jedoch vom Tausch wenig überzeugt

Als Kinder es heftig und grob mit den Schuhen treten

Und sich obendrein ein sabbernder Hund über es beugt

Will es sofort um Grünzeug und Marmelade beten

 Von Sina Land (https://sina-land.jimdofree.com/) 

Tauschgegenstände

Tischdecke und Säge

Fernsehstudio

Sämtlichen Plunder seiner Patentante war er losgeworden, nur ein riesiges Tischtuch war übriggeblieben. 

Zu Putzlumpen wollte er es nicht zerschneiden, dafür war es zu schade. 

Was machte er stattdessen damit? Den Motten zum Fraß vorwerfen? Er hatte kein Ungeziefer im Haus. 

Abends zappte Richard gelangweilt durch die Fernsehkanäle und blieb schließlich an einer neuen Sendung hängen, von der er vor ein paar Tagen unterwegs Werbung gesehen hatte. Das war eine Art Blind-Date. Nur ging man dort nicht hin, um jemanden kennenzulernen, sondern um etwas zu tauschen. Ob er sich dort mit dem Tischtuch bewerben sollte? 

Richard überlegte ein paar Tage hin und her bis er ein Foto des Tischtuchs von Tante Hertha machte, dieses hochlud und abschickte. 

Zwei Wochen später bekam er einen Brief. In dem Schreiben lud man ihn ins Studio ein und schlug ihm mehrere Termine vor. 

Bereits fünf Tage später, fand er sich in einem Fernsehstudio wieder. 

"Dann zeigen Sie mal das gute Stück", sagte der Aufnahmeleiter und warf einen ungeduldigen Blick auf seine Uhr. "Sie erzählen jetzt die kleine rührige Geschichte, dass das Tischtuch von Ihrer verstorbenen Patentante ist und Sie möchten, dass es in gute Hände gerät. Kriegen Sie das hin?" 

"Ja", sagte Richard überzeugt. Zuhause hatte er sich bereits darauf vorbereitet und einen kleinen Text geschrieben, den er aufwendig gelernt hatte. 

"Gut, dann proben wir das jetzt und drehen anschließend." 

Richard hoffte, dass er nicht wie Erwin Lindemann enden würde, der am Ende statt seines Lottogewinns völlig verdrehtes Zeug von sich gegeben hatte. 

Er brauchte drei Versuche, weil er vor lauter Aufregung zu schnell gesprochen oder sich mehrfach verhaspelt hatte. Dann war alles im Kasten. 

"Gleich ziehen Sie aus einem Gefäß eine Kugel, öffnen diese, holen den Zettel heraus, falten ihn auf und halten die Inschrift direkt in die Kamera. Dann unterbrechen wir kurz die Aufnahme und Sie können sich überlegen, was mit der Beschreibung gemeint sein könnte. Danach wird die Kamera wieder eingeschaltet und sie erzählen munter drauf los, was sie darüber denken", sagte der Aufnahmeleiter. Der Blick auf die Uhr durfte nicht fehlen. Hatte der noch eine Verabredung? 

Er gehörte nicht zu denen, die nicht im Lostopf landeten. Dann würde er morgen bereits erfahren, gegen welchen Gegenstand er sein Tischtuch getauscht hatte. 

Richard sah den Lostopf und kam sich vor, als würde er gleich eine Begegnung im DFB-Pokal ziehen, stattdessen war es sein Tauschgegenstand. 

Ein Fehler lässt sich damit nicht rückgängig machen, stand auf dem Zettel. 

Was mochte das nur sein? Wahrscheinlich war das eine Uhr. Hoffentlich keine Standuhr, die sich alle halbe Stunde meldete. So was konnte er nicht gebrauchen. Oder ein Stift? Ein alter Füller wäre nicht schlecht. Vielleicht einer aus den 50er Jahren. Damals hatte es schöne Exemplare gegeben. Eine Waschmaschine würde es kaum sein. 

Am nächsten Tag kam Richard pünktlich mit seinem Tischtuch im Studio an und wurde sogleich in die Maske geführt, wo ihm der Aufnahmeleiter den Ablauf erklärte. Ob er gestern pünktlich zu seinem Termin gekommen war? 

Sie stehen gleich an einem Tisch, erzählen noch einmal, was Sie glauben, als Tausch zu 

erhalten. Danach gehen sie zu einer Wand. Diese wird wie bei Herzblatt zur Seite gefahren und Sie sehen Ihren Tauschpartner mit seinem Gegenstand." 

Aufgeregt stand Richard schließlich vor dieser Wand und kam sich tatsächlich wie ein Herzblatt-Kandidat vor. Langsam fuhr die Wand zur Seite und das erste, was er sah, waren die versetzten Zähne eines Sägeblatts. 

Entsetzt sah er, dass er keine Uhr und keinen Füller ertauscht hatte, selbst die Waschmaschine war es nicht geworden, sondern eine Fuchsschwanz. Wenn er eins nicht brauchte, war es eine Säge. Was hatte er nur für Pech. 

Konnte man noch einmal mitmachen?

 Von Helen Dalibor

Tauschgegenstand

Arbeitsplatz

Künstliche Intelligenz


Ich dachte, als Programmierer wäre mein Arbeitsplatz sicher und war überrascht, als meine Kunst durch eine Künstliche Intelligenz ersetzt wurde. Sie macht das gut – schließlich habe ich sie lange genug trainiert, indem ich ihre Vorschläge angenommen bzw. abgelehnt habe.


Mittlerweile muss ich nur noch grob beschreiben, was programmiert werden soll, den Rest erledigt die KI und ich kontrolliere es dann stichprobenartig. Immerhin werde ich sehr gut dafür bezahlt, weil der Umsatz des Unternehmens steigt und weniger Mitarbeitende nötig sind.


Aber heute ist mein letzter Tag hier. Ich tausche meinen Arbeitsplatz mit meiner Kollegin Nina, die vorübergehend arbeitslos war. Ich kann nun gut abgesichert in den Ruhestand gehen. Durch diese Regelung profitieren wir beide von den gestiegenen Gewinnen des Unternehmens.

 Von 'Rumpelstilzchen' 

Tauschgegenstand

Wecker

Der Wecker meines Vaters


 Ich erinnere mich noch genau an den Tag zurück, an dem mir meine Mutter den Wecker meines Vaters schenkte. Sie hatte das morgendliche Geschimpfe satt und tauschte ihn anstelle ihrer mütterlich-fürsorglichen Aufgabe, mich in aller Frühe zu wecken. Der Wecker verstummte von nun an auf mein Wort. Was ich nicht alles für Schimpfwörter in den kommenden Jahren für ihn entwickelte! Doch irgendwie liebte ich meinen Freund auf dem Nachttisch. Er tickte geräuschlos all die Jahre weiter und ich dankte es ihm, indem ich regelmäßig die Batterien tauschte.
Die Zeit verging und ich schlief nicht mehr allein. Doch zu jener Zeit ließ ich meine Frau morgens weiterschlafen. Sie musste Kraft schöpfen. Und auch in der Zeit, als mich mein nächtlicher Weggefährte täglich etwas früher wecken musste, damit ich meine Frau im Krankenhaus besuchen konnte, tat er zuverlässig seine Dienste. Bis meine Liebste mit meiner kleinen zuckersüßen Tochter nach Hause kam. Mein Wecker hatte sich danach eine kurze Auszeit verdient und ich tauschte ihn gerne vorübergehend gegen die gut hörbaren Babyrufe ein.

Von Marco Plate ( https://marco-plate.de/

Tauschgegenstand

Notizbuch

Der Zauber


Gegen gelesene Lektüre
Bekam ich ein Notizbuch zum Tausch
Ich wollte was reinschreiben
Und verfiel in einen Rausch

Die ganze Nacht hindurchgeschrieben
Waren alle Seiten voll
Und das, was ich da schrieb
Fand mein Verleger toll

Ich tippte alles fein
Auf meiner Schreibmaschine
Und als Buch zum Verkauf
Stands bald in der Vitrine

Das Notizbuch derweil
Der Tausch - als Info nebenbei
War wieder leer und unbenutzt
Das war wie Zauberei

Von Steffi Lofeldt 

Tauschgegenstand

Ballon

Der Beschützer

 

Unauffällig schlängelte ich mich durch die Besuchermassen, die den Jahrmarkt bevölkerten. Die Luft roch nach Popcorn und gebrannten Mandeln und die Musik der unterschiedlichen Fahrgeschäfte vermischte sich zu einer fröhlich schrägen Kakophonie. Heute war es also soweit. Die Agentur hat mir grünes Licht gegeben. Vor knapp 3 Monaten hatte ich mich in das Leben von Christian geschlichen und war ein wichtiger Teil davon geworden. Er war ein guter Mensch und dummerweise hatte er sich inzwischen mehr in meinem Herz breit gemacht, als gut für mich war. Denn seine Weigerung, sein Haus zu verkaufen, behinderte die Pläne eines Immobilienhais, der daraufhin die Agentur eingeschaltet hatte. Ich erreichte meine Zielposition hinter einem Stützpfeiler des Fahrgeschäfts. Die Raupe schoss in geschlossenem Zustand an mir vorbei und begann sich zu öffnen. Ich zog die Pistole mit Schalldämpfer unter meiner Jacke hervor und visierte an. Die Insassen des Fahrgeschäfts würden vom Licht geblendet sein und die Zuschauer abgelenkt. Das Erste was ich sah, war ein großer goldener Ballon in Herzform, der an einem Band emporschwebte. Auf ihm stand mein Name. Tränen schossen mir in die Augen. Langsam steckte ich die Pistole weg. Unauffällig näherte ich mich Christian von hinten und drückte ihm meinen Zeigefinger, die Hand wie eine Pistole geformt, in den Rücken. »Ich tausche dein Leben gegen deinen Ballon.«, flüsterte ich ihm ins Ohr. Er drehte sich um und zog mich in seine Arme. »Jederzeit«, antwortete er und küsste mich sanft. Ich öffnete ihm meine Lippen. Sollte die Agentur doch jemand anderes schicken. Ich würde Christian von nun an mit meinem Leben beschützen. 

Von Guido Ewert 

Tauschgegenstand

Klopapier

Oma Käthe

 

Nachdenklich betrachtet Oma Käthe die frische Rolle Klopapier, die sie eben auf den Spender gesteckt hat. Sie wundert sich darüber, dass darauf die Hälfte fehlt. Da fällt es ihr wie Schuppen von den Augen und ihr ist urplötzlich klar, wo Enkel Thomas das ganze Papier für seine gefalteten Schiffchen herhat, die er im Gewächshäuschen versteckt hat. Er dachte wohl, es würde ihr nicht auffallen. Nicht, dass sie etwas gegen den Wettbewerb in der Schule hätte, bei dem sie den besten Papierschiffbastler krönen, aber was nun mit der halben Rolle Klopapier anstellen? Wie sieht das denn aus? So halb und dann auch noch zerknautscht, sodass sich diese nur leidlich abrollen lässt. Sie drückt die Rolle zurecht, als mache es das besser. Doch dann hält sie inne und lächelt. Eilig zieht sie die Rolle vom Spender und läuft damit zur Nachbarin.

„Hallo Heidi, ich hab was für dich!“, trällert sie. „Für deine Klopapier-Häkel-Überzieher tuts die vielleicht noch.“

Die Nachbarin nickt. „Gut, dann bekommst du ein Glas Erdbeermarmelade für deine Enkel.

Von Sina Land (https://sina-land.jimdofree.com/)

Tauschgegenstand

Konfetti

Konfetti und der Frosch

 

Für mich sollte es keine roten Rosen regnen. Aber dafür Konfetti. In allen Farben. Laut und lustig war sie, mit viel Musik und Tanz. Groß war sie und schön, überwältigend und besitzergreifend. Alles war sie mir- deine Liebe. 

Am Aschermittwoch ist es damit vorbei. Die Musik verstummt, die Farben verblassen, was bleibt ist Übelkeit. 

Dein Konfetti liegt am Boden, nass und schmutzig. Wie deine Liebe. Und ich bleibe zurück, ein Häufchen Elend, mit Restglitter im Haar. 

Ach, könnte ich nur dein dämliches Konfetti gegen eine Zeitreise tauschen. Dann müsste ich dem Kind nicht erklären, dass sein Vater ein Frosch war. 

Von Anja Ziegler (https://autorin-anja-ziegler.jimdosite.com/)